Volkskrankheit Depression

Nach einer aktuellen Untersuchung der größten Krankenkasse AOK haben 12,5% der Deutschen im Jahr 2022 vom Arzt die Diagnose „Depression“ erhalten. Das ist ein neuer Rekord und wirft einige Fragen auf.
Allein in Schleswig Holstein sind aktuell ca. 4000 Mädchen im jugendlichen Alter mit einer psychischen Erkrankung in Behandlung (Quelle DAK).
Bei der Ursachensuche wird leider viel zu wenig Augenmerk auf das Körperliche gelegt und wie so oft geglaubt, dass dort, wo die Symptome entstehen, auch die Ursache zu finden sein müsse. So wird bei Depressionen im Alter häufig Einsamkeit als Grund genannt und bei psychischen Erkrankungen von Jugendlichen regelmäßig Stress und Medienkonsum als Hauptursache identifiziert. Behandelt wird in der Regel mit einer Medikamentenverschreibung vom Psychiater, was bei schweren Fällen auch durchaus angezeigt sein kann.
Was sind die Ansätze der Komplementärmedizin?
Zunächst einmal gilt das Gebot der Ganzheitlichkeit. Das bedeutet, die Ursache muss nicht allein in einem psychischen Trauma liegen, sondern kann durchaus durch eine somatische, also körperliche Erkrankung bedingt sein. Es gibt zuhauf Studien, die als Nebenwirkung von bestimmten Medikamenten, hormoneller Verhütung, Zusatzstoffen in Lebensmitteln oder im Fall von Weizen sogar von Lebensmitteln selbst Depressionen nennen. Aber all diese Puzzleteile im individuellen Fall zusammenzusetzen ist ein Detektivspiel, für das sich heute kein Arzt Zeit nehmen kann. Aber es kann sich lohnen!
Bei einer manifesten Psychose (die nur vom Arzt behandelt werden darf) kennt die Homöopathiegeschichte zahlreiche Fälle, bei denen sich aus einer potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung des Körpers eine einseitige Erkrankung des Geistes und Gemüts entwickelt hat – bei gleichzeitiger Gesundung des Körpers.
Hierbei kann die Verschiebung der Erkrankung durchaus ein längerer Prozess sein. In dem Zusammenhang ist auch das berühmte Plato-Zitat „mens sana in corpore sano“ (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper) zu sehen.
Und wie ist es um die allgemeine körperliche Gesundheit bestellt?
Wenn man sich allgemeine Statistiken zur körperlichen Gesundheit der Menschen anschaut, sind auch diese Zahlen alarmierend: Inzwischen gelten 30% aller Bundesbürger als Allergiker. 2006 waren bereits 13,2% aller Kinder- und Jugendlicher von Neurodermitis betroffen. Gemäß aktuellen Statistiken wird jeder 2. Mensch im Laufe seines Lebens an Krebs erkranken. Die Menschen werden insgesamt immer kränker – und das in dem angeblich besten Gesundheitssystem der Welt.
Diese Entwicklung darf man nicht getrennt von den zunehmenden Fallzahlen depressiver Erkrankungen betrachten. Ein düsteres Gemüt kann auch ein Frühwarnsignal für eine sich anbahnende ernste Erkrankung sein. Körper und Geist bilden eine Einheit und müssen deshalb auch gemeinsam betrachtet werden.
In der Naturheilpraxis stellen wir fest: die Aufhellung der Stimmung sowie eine Zunahme des Antriebs und der Energie sind die ersten und wichtigsten Zeichen dafür, das der richtige Therapieansatz gefunden wurde. Vor allem in der Klassischen Homöopathie ist das unabdingbar und bei fast jedem Patienten feststellbar.
Im System der Homöopathie werden Körper und Geist/Gemüt als untrennbare Einheit betrachtet, die sich in ihrer Symptom-Betroffenheit durchaus abwechseln können. Wir nennen die Verschlechterung der allgemeinen Gemütslage nach einer medizinischen Behandlung eine Folge von Unterdrückung. Das kommt sehr häufig vor und wird vom Patienten in der Regel gar nicht der vorhergegangenen Behandlung zugeordnet.
In solchen Fällen ist es wichtig, eine Zeitleiste zu erstellen: was war zuerst da? Welche Symptome des Körpers gingen der Depression voraus?
Häufige Beispiele für solche Unterdrückungen, die „auf die Stimmung schlagen“ können, sind:
- Behandlung von Neurodermitis mit Cortison
- Zerstörung der Darmflora durch zuviel Antibiotika
- Unterdrückung der weiblichen Menstruation durch hormonelle Verhütung wie Hormonspirale und das sogenannte „Durchnehmen“ der Pille ohne Pause
Sämtliche Ausscheidungen des Körpers sind Maßnahmen der Entgiftung, die auf den aktuellen inneren Gesundheitszustand des Menschen abgestimmt sind. Produziert der Körper z.B. einen Hautausschlag, funktioniert wahrscheinlich ein anderer Entgiftungsweg nicht so gut, oftmals der Darm aufgrund einer Nahrungsmittelunverträglichkeit. Interessanterweise reagieren Kinder eher über die Haut, während Erwachsene eher über einen chronischen Durchfall entgiften, wenn sie ein Lebensmittel nicht vertragen. Natürlich muss hier die Ernährung umgestellt werden, s.u.
Frauen leben statistisch länger als Männer aufgrund ihrer Entgiftungsmöglichkeit über das Menstruationsblut. Liegt eine krankhafte starke Blutung aufgrund von Myomen in der Gebärmutter vor, versucht der Körper, sich verstärkt zu reinigen. Die Myome sind zu behandeln, aber nicht die Blutung zu unterdrücken!
Der ganzheitliche Ansatz ist klar: Heilung bzw. Therapie muss „von innen nach außen“ erfolgen. Ein weiterer Grundsatz lautet „von oben nach unten“ und bedeutet im Wesentlichen: Noch bevor sich die Körpersymptomatik unter einer Behandlung bessert, muss die Stimmung besser werden und der Geist klarer!
Darmgesundheit, Ernährung und Depressionen
Der Darm bzw. die Darmflora könnte für die Psyche wichtiger sein, als bisher von den Ärzten angenommen wird. Parallel zu den Depressionen steigen auch die diagnostizierten „Reizdarmsyndrome“ massiv an – noch steiler, als die psychischen Erkrankungen. Während 2017 nur ca. 1 Mio. Menschen in Deutschland diese Diagnose „Reizdarm“ bekamen, sollen es aktuell 11-16 % aller Menschen sein, mit einer hohen Dunkelziffer.
Immer mehr Menschen kommen mit Lebensmittelunverträglichkeiten in meine Praxis. Das kinesiologische Austesten auf die Verträglichkeit verschiedener Getreide und von Milcheiweiß gehört bereits zur Routine. Fast niemand verträgt mehr „alles“. Zu den häufigsten Unverträglichkeiten gehört (Weich-)Weizen und Kuhmilcheiweiß.
Kann Weizen depressiv machen? Auf jeden Fall!
Wie die Universität Mainz 2016 veröffentlichte, leiden 5-10 % aller Menschen an einer „Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) – verursacht durch bestimmte Proteine, die α-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) aus Weizen. Diese ATIs verursachen eine latente Entzündung im Darm, auch Leaky Gut – Syndrom genannt.
Zu den Symptomen gehören neben möglichen Bauchschmerzen auch unspezifische Symptome wie Benommenheit, Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen und auch eine depressive Stimmung.
Jetzt ist eine depressive Stimmung nicht dasselbe wie eine manifeste Depression, die in die Klasse der Psychosen gehört. Aber bei manchen Menschen ist der Übergang langsam und fließend und verschiedene Faktoren kommen möglicherweise zusammen.
Unsere Ernährung ist leider heute voller Zusatzstoffe und technischer Hilfstoffe, die den Darm nachweislich schädigen. Einige Menschen reagieren z.B. hypersensibel auf modifizierte Stärke, ein Zusatzstoff, der häufig in Fruchtjoghurts oder anderen Fertiggerichten enthalten ist. Diese Stärke dient allein der cremigen Konsistenz und hat keinerlei Nährwert. Die Liste solcher schädlicher Stoffe ist lang. Auch Aluminium führt zu einer Darmentzündung und kann z.B. in Kaffeeweißer oder in anderen Fertiggerichten als technischer Hilfsstoff enthalten sein und muss als solcher nicht deklariert werden.
Kann eine Therapie mit Darmsymbionten (nützlichen Bakterien) hilfreich sein?
Eine Symbioselenkung des Darms macht natürlich nur Sinn, wenn sie mit einer gesunden Ernährung kombiniert wird. Dann kann kinesiologisch oder über einen Stuhl-Labor-Befund herausgefunden werden, ob eine Substitution mit Milchsäurebakterien oder „guten“ Coli-Bakterien sinnvoll ist.
Wird das neben Darmbeschwerden auch die Depression verbessern? Das ist interessanterweise oft nicht der Fall, weshalb ich in meiner Praxis sehr sparsam mit Darmaufbaukuren umgehe.
Eine depressive Gemütslage bessert sich häufig in der klassisch homöopathischen Therapie (mit Ernährungsumstellung) und ist dort das erste, wichtige Zeichen für die Patienten und für mich, ob die Therapie in die richtige Richtung geht. Nicht selten habe ich in früheren Jahren beobachtet, dass eine bereits erreichte Verbesserung der Psyche sich wieder verschlechterte, als wir zum Abschluss der Therapie „auch noch den Darm sanieren“ wollten. Das bedeutet, nach Gabe von Milchsäurebakterien wurde die Gemütslage wieder melancholischer.
Daraus habe ich zwei Dinge gelernt: Zum Einen spielt der Darm eine entscheidende Rolle für die Gemütslage. Zum Anderen ist die Darmflora längst nicht so gut erforscht, wie uns durch die Verkäufer einiger Präparate nahe gelegt wird.
Sicher ist, dass der Darm nach Absetzen der Bakterienpräparate nur ca. 6 Wochen benötigt, um wieder die alte Zusammensetzung herzustellen – es sei denn, wir haben inzwischen die Ernährung sinnvoll umgestellt. Auch andersherum klappt es: wenn wir die Ernährung ändern, braucht es nur wenige Wochen, bis ein rundum verbessertes Mikrobiom uns eine bessere Stimmung macht. 🙂
Das sind dann ideale Voraussetzungen, um eine Therapie zu beginnen. Bei depressiver Verstimmung kommen Klassische Homöopathie, Pflanzenheilkunde (Leberreinigung) und eine Gesprächstherapie in Frage. Das kinesiologische Austesten der richtigen Therapie ist ebenfalls wichtig.
Werden seit Jahren vom Psychiater verordnete Medikamente eingenommen, ist mir die Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt wichtig, denn Psychopharmaka dürfen niemals abrupt abgesetzt werden.