Ho’oponopono und Zauberworte des Universums

Ho’oponopono ist eine hawaiianische Heiltradition, in deren Weisheitslehre Aussöhnung und Vergebung als wichtigste Instrumente zur Heilung genutzt werden. Die hawaiianischen Heilpriester (Kahuna) wussten um die Bedeutung der vollständigen Konfliktbeilegung zwischen Familienmitgliedern und auch ganzen Stämmen, um körperliche und geistige Heilung zu ermöglichen. (Mit der klassischen Familienaufstellung nach Hellinger haben wir in Deutschland ein verwandtes System, das ebenfalls zur ganzheitlichen Heilung beitragen kann.)

Das hawaiianische Ritual basiert auf der Vorstellung, dass alle Menschen miteinander verbunden sind und Probleme durch Übernahme von Verantwortung, Aussprache, Reue und gegenseitige Vergebung gelöst werden können.

In der modernen Version kann Ho’oponopono wunderbar von Jedem selbst für sich allein praktiziert werden und konzentriert sich auf vier heilsame zentrale Sätze:

  1. „Es tut mir leid“
  2. „Bitte vergib mir“
  3. „Danke“
  4. „Ich liebe dich“

Diese Sätze werden in Gedanken wie in einer Meditation oder auch im Selbstgespräch wiederholt, um negative Emotionen loszulassen und inneren Frieden zu finden. Es lohnt sich, in sich hineinzuspüren, welcher Satz zur jeweiligen Situation passt, die als unangenehm empfunden wird. Man kann sich auch vorstellen, diese Sätze imaginär zu einer anderen Person zu sagen, zu der man in der Realität keinen Zugangspunkt mehr findet. Es kann sein, dass sich „wie von selbst“ auch im Außen eine Wandlung vollzieht.

Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass wir diese Sätze eigentlich immer zu uns selbst bzw. zu „unserem höheren Selbst“ sagen. Wenn wir das Abstrahieren können, fällt es auch leicht, diese Sätze zu sagen, auch wenn wir noch Wut auf jemand anderen empfinden. Im Prinzip bitten wir damit unser inneres Kind, unser höheres Selbst und unsere Seele um Vergebung und Heilung und werden selbst zum göttlichen Schöpfer einer liebevollen Gegenwart.

Neu und ungewohnt ist vielleicht, dass man selbst in die völlige Verantwortung für jede unangenehme Situation geht und es keine Möglichkeit gibt, Schuld auf Andere zu projizieren. (auch hier besteht eine Parallele zu Hellingers Familienaufstellung)

Das kann sogar so weit gehen, dass Therapeuten diese Methode für die Arbeit am Patienten nutzen. Der hawaiianische Arzt Dr. Ihaleakala Hew Len machte Ho’oponopono in den USA populär, als er das Vergebungsritual mit psychisch kranken Gefängnisinsassen durchführte und dabei gut dokumentierte Erfolge verzeichnete. Joe Vitale schrieb anschließend gemeinsam mit Dr. Ihaleakala Hew Len das Buch „Zero Limits“, das weltweit übersetzt wurde und Erfolge feierte.

In der Folge hat sich der Horizont dessen, was mit Ho’oponopono möglich ist, beträchtlich erweitert. Ho’oponopono kann heute eine wertvolle Methode zur emotionalen Heilung alter Wunden und sogar von unangenehmen Lebenssituationen sein. Durch die fundamentale Änderung der inneren Einstellung und der wiederholten leisen oder lauten Aussprache der vier Sätze im Gedenken an eine bestimmte Situation wird sich eine angenehme Leichtigkeit einstellen. Das Leben kann insgesamt harmonischer und glücklicher sein – auch, weil man begreift, dass nur in der Eigenverantwortung der Schlüssel zum Glück liegt und, weil die Begriffe Mitleid, Vergebung, Danke und Liebe die stärksten geistigen Heilmittel der Welt sind.

Gedanken zum Thema „Mitleid“

In der Überschrift dieses Blogartikels habe ich mit Absicht „Ho’oponopono und die heilsame Kraft des Mitleids“ gewählt, denn einige neuere Buchtitel über diese Methode sind der Meinung, dass der Begriff des „Mitleids“ lieber mit „Mitgefühl“ ersetzt werden sollte. Eine andere Variante ist, anstelle des Satzes „Es tut mir leid“ zu sagen: „Ich erkenne meine Verantwortung an“ Das kann man natürlich tun, jedoch möchte ich im Folgenden aufzeigen, warum man vor dem Wort „Mitleid“ bzw. dem „Es tut mir leid!“ keine Angst zu haben braucht.

In der Geschichte der christlichen Religion ist der Begriff des Mitleids uneingeschränkt positiv besetzt. In der Bibel werden die Begriffe Mitleid und Mitgefühl synonym verwendet und dokumentieren den Ausdruck der Liebe Gottes und Jesus Christus den Menschen gegenüber. Weitere Begriffe sind hier Barmherzigkeit oder auch das Bedauern gegenüber der Lebenssituation eines Menschen mit schwerem Schicksal. Mitleid wird hier zur göttlichen Eigenschaft und kann als Ausdruck der Liebe Gottes betrachtet werden.

Das Wort Sympathie bedeutet im Wortsinne nichts anderes als Mitleid: „sym“: „mit, zusammen“ und „pathos“: „Leid“.

Umstritten ist der Begriff des Mitleids jedoch bereits seit der Antike. Aristoteles engt den Begriff des Mitleids auf diejenigen ein, die sich mit einem Leidtragenden identifizieren und in der Folge Angst haben, auch sie selbst könne ein ähnliches Schicksal treffen. Der Philosoph Seneca meint, eine Spende an die Armen gegeben aus Mitleid sei eine verächtliche Geste, welche den Empfänger erniedrigt. In ähnlicher Weise habe ich das auf der Website eines heutigen Konfliktcoaches gelesen. Dort steht, dass Mitleid für „beide Seiten ziemlich ungesund“ sei und sich der Mitleid empfindende Mensch über den Anderen stellen würde. Der Konfliktcoach erklärt weiter, dass viele Menschen es unangenehm empfinden, Empfänger von Mitleid zu sein, weshalb man dies vermeiden sollte. Aber kann das wirklich die Lösung sein? Ist die Verleugnung einer persönlichen Schwäche wirklich der richtige Weg – oder führt er nicht geradewegs in eine Depression?

Auch im angestrengten Sprachgebrauch einer „achtsamen Sprache“ wird der Begriff des Mitleids unbedingt vermieden, denn man möchte ja auf gar keinen Fall teilhaben am Leid anderer – so ist es regelrecht verpönt geworden, die Worte „Das tut mir leid“ oder „Herzliches Beileid“ auszusprechen. Hier spielt ein falsches Verständnis des esoterischen Gesetzes der Anziehung mit hinein, bei dem man glaubt, allein durch die Aussprache des Wortes „Leid“ ebensolches in sein Leben ziehen zu können.

Das Gegenteil ist jedoch der Fall: echtes Mitleiden im Sinne von Mitfühlen ist Ausdruck von Nächstenliebe und damit von Liebe. Die vollständige Akzeptanz einer negativen Situation oder auch nur eines destruktiven Gedankens kann durch die Worte „Es tut mir leid.“ geschehen. Das gibt den Ausgangspunkt, dieses akzeptierte Leid sofort in Liebe zu transformieren. Dabei ist völlig egal, ob es sich um eigenes oder fremdes Leid handelt – denn wir sind alle miteinander verbunden. Im Ho’oponopono wird dies unterstützt durch den nachfolgenden Satz „Bitte vergib mir.“ Damit findet quasi eine zusätzliche Reinigung des zuvor akzeptierten Leids statt.

Jean Jaques Rousseau übrigens erhob das Mitleid zur einzig natürlichen und höchsten Tugend des Menschen. Mitleid sei eine natürliche Form der Liebe, die man auch im Tierreich beobachten könnte. Dem pflichtete Arthur Schopenhauer bei und erklärte das Mitleid zum natürlichen Gegenspieler des Egoismus.

So verstanden wird Ho’oponopono zum wunderbaren Mittel, das eigene Ego abzubauen und ganzheitliche Heilung für sich und die Anderen zu erlangen. Im höheren Verständnis erkennen wir, dass es in erster Linie um Mitleid mit dem eigenen höheren Selbst geht, das in dieser bestimmten Lebenssituation feststeckt. Betrachten wir es also als höchste Form der göttlichen Liebe mit uns selbst!

Auf einer tieferen Ebene steht dahinter die absolute Annahme und Akzeptanz von allem, was ist. Heilung kann nur durch diese vollständige Akzeptanz und anschließende Transformation jedes destruktiven Gedankens erfolgen.

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